Teichprobleme

Urlaubsgedanken

Ich befinde mich zur Zeit auf einem Liegestuhl unter einem schattenspendenden Schirm, der mich vor dem gnadenlosen Brand der Sonne schützt. Würde dieser Liegestuhl doch jetzt zu Hause in meinem Garten stehen. Dann wäre alles in Ordnung. Aber nein, er befindet sich im Club Kastalia ca. 12 Km vor Alanya ( Türkei). Komisch es sind erst vier Tage meines Urlaubes vergangen und ich sehne mich danach meine Bürstenkammer zu reinigen. Die ersten vier Tage habe ich damit verbracht, die letzten vier Ausgaben des Koi-Kuriers und zwei Ausgaben des Klan – Magazins zu lesen. Endlich hatte ich dazu einmal Zeit gefunden. Der Gedanke, daß in drei Tagen die Interkoi in Duisburg stattfindet, läßt mich fast verrückt werden. Wie gerne wäre ich doch mit meinen Freunden von Stand zu Stand gezogen, um die Koi`s zu beliebäugeln und zwischendurch ein Bierchen zu trinken, das hätte Spaß gemacht.

Aber nein, Urlaub war angesagt. Meine Frau mußte zu diesem Zeitpunkt Urlaub nehmen. Meine Idee war es, erst nur eine Woche in Urlaub zu fliegen, aber da habe ich gleich den „Segen von Klosterkamp“ bekommen. Ein japanisches Sprichwort besagt: das eine wütende Frau an einem Tag mehr Holz verbrennen kann als ein Mann in drei Wochen sammeln kann. ( wie wahr, wie wahr). Also bin ich somit verdammt hier auf meiner Liege zu liegen und mache mir Gedanken über meine Koi´s.

Einige Tage vor Urlaubsbeginn fuhr ich mit meinem Freund Udo zu Josef. Josef hat das beste Farbfutter, welches ich je in Händen hielt. Er bezieht es direkt aus Japan, da es dort der Geheimtip unter den bekanntesten Züchtern ist. Bereits nach drei Tagen füttern ist die farbverstärkende Wirkung bereits schon zu erkennen. Eigentlich wollte ich nur Futter kaufen aber als ich die Verkaufshalle betrat, war ich total erstaunt als ich in einem Becken ca.180 Showa`s von 18 – 20 cm Länge erblickte. Es waren in der tat Koi`s aus der Dainichi Linie. Die breiten Köpfe und das muskulöse Potential der Fische sprachen für sich. Ich suchte mir vier Koi`s aus, welche eine phantastische Zeichnung aufwiesen, die man sonst nur bei japanischen Tieren der Spitzenklasse findet. So hatten alle vier Koi`s alle drei Farben auf dem Kopf und schachbrettartig über den ganzen Körper verteilt. Die Hautbeschaffenheit der Tiere erinnerte an ein dreifach mit Klarlack gespritztes Auto. ( Josef, ich danke Dir) Aus Meckenheim zurückgekommen setzte ich meine Neuzugänge vorsichtig um und verabreichte ihnen ein leichtes Salzbad. Aus lauter Blödsinn streute ich einige Futterpellets in das Bad und war um so erstaunter als diese gleich ganz gierig verschlungen wurden. Die Fische hatten keinen großen Streß, sonst hätten sie nicht gleich gefressen. Nach einigen Minuten entließ ich die kleinen Koi`s in ihren 77 m³ Freiraum. Nach kurzer Zeit schwammen sie bereits im Pulk der Koi`s mit, neidisch auf die enorme Größe der anderen Kois werden sie sicherlich gut fressen und wachsen, bis sie sich eines Tages mit ihnen messen können.

Wer in der Vergangenheit einige Berichte von mir gelesen hat, der weis, daß ich mich mit der Problematik von Fadenalgen beschäftige. Gegenmaßnahmen sind unter anderem Wasserenthärtung und PH-Wert Einstellungen durch Osmose oder Ionenaustausch. ( Wie in den Berichten beschrieben) Ein Aspekt wurde dabei aber nicht berücksichtigt. Die Teichbelüftung und Wasserzirkulation im Teich. Es sind doch immer die besten Teichanlagen mit einem hohen Wasserdurchsatz der Filter

( alle zwei bis drei Stunden ) mit zusätzlicher Belüftung der Filterkammern und des Teichwassers, die im besonderen Maße Probleme mit Fadenalgen haben. Durch eigene Versuche in meiner Teichanlage komme ich zu folgenden Erkenntnissen: Bei der zusätzlichen Belüftung des Teichwassers im Teich ( durch drei Ausströmer aus Bodenablaufabdeckungen ) erhöht sich der PH – Wert um 0,4 bis 0,5 obwohl das Wasser bereits in den Filterkammern gut belüftet wurde. ( Das gesamte Teichwasser läuft alle 2,5 Stunden durch die Filteranlage) Diese zusätzliche Belüftung bringt nicht etwa mehr Sauerstoff ins Wasser, sondern treibt nur die Kohlensäure aus dem Wasser und läßt den PH – Wert ansteigen. Dieser PH – Wert Anstieg stellt wahrscheinlich eine Art Starterfunktion für das Wachstum der Algen dar. So ist das Wachstum der Fadenalgen bei PH – Werten von 7 – 7,3 nur mäßig und von leichter Natur. Werte von 7,5 – 7,8 dagegen stellen bereits gute Wachstumsbedingungen dar. Bei Werten über 7,8 – 9,5 nimmt das Wachstum der Fadenalgen in rasanter Weise zu, 30 cm pro Stunde sind möglich. Jeder der Probleme mit Fadenalgen hat, sollte nun einmal überlegen ob er die Belüftung des Teichwassers auf die Filterkammern beschränkt. Voraussetzung dafür muß allerdings sein, daß auch genügend Teichwasser durch die Filteranlage läuft und nicht zu viele sauerstoffzehrende Faktoren im Teich befindlich sind. ( Fische , Verschmutzungen, Medikamente, Temperatur) Fadenalgen lieben eine stetige Strömung des Wassers, hervorgerufen durch das einströmende Wasser der Pumpen und Luftausströmer. Teiche mit geringer Durchströmung beinhalten zwar mehr Schwebestoffe, aber es sind gerade diese kleinen Schmutzpartikel womit sich Fadenalgen beladen und erstickt werden. In diesen Teichen ist das Wasser auch öfters grün. Schwebealgen stehen in einem direkten Konkurrenzkampf mit Fadenalgen. Versuchen sie also das richtige Maß an Filterleistung, Belüftung und Strömung im Teich zu ermitteln und sie werden als Sieger im Kampf gegen Fadenalgen hervortreten.

Als ich vor einigen Jahren meine Teichanlage fertiggestellt hatte, zählte auch

Dr. Dieter Hannen zu den Besuchern meines Teiches. Er lobte meine Anlage, sagte aber dann „Günter, warum belüftest du das Wasser ? Man kann ja deine Fische nicht richtig sehen.“ Damals noch geimpft durch englische Koi – Experten antwortete ich gleich. „Das fördert die Durchströmung des Teiches, es bringt mehr Sauerstoff, außerdem würde durch die Sogkraft der aufsteigenden Luftblasen Kot der Fische in die Bodenabläufe gesaugt.“ Dieter du hast Recht behalten, alles Quatsch. Ich konnte meine Fische nicht richtig sehen, meine Fische konnten mich nicht richtig sehen und wurden dadurch scheu und schreckhaft. Außerdem nahm damals auch das Problem Fadenalgen seinen Lauf. Mit den Jahren an Erfahrungen gewonnen, beschränkt sich die Wasserbelüftung nun ausschließlich auf die Filterkammern, mit sehr gutem Erfolg.

Noch ein Tip: Entfernen sie keine Fadenalgen aus ihrem Teich solange sie noch ein sattes grün haben und wachsen. Beobachten sie den PH – Wert. Bei großen Schwankungen zwischen Morgens und Abends ist die Wachstumsaktivität der Algen noch sehr groß. ( Tagesschwankungen, etwa 7,8-8,6 oder 9 ) Erst wenn die Tagesschwankung kleiner als 0,3 ist, haben die Algen ihr Wachstum eingestellt. (Das könnte auch bei starker Bewölkung der Fall sein. Die Tagesschwankung muß bei Sonnenlicht gemessen werden.) Jetzt ist der richtige Zeitpunkt zum Entfernen gekommen, da die Zersetzung der Algen beginnt, die wiederum Nährstoffe freisetzt und Sauerstoff zehrt. Anhand eines Beispieles wird es vielleicht deutlicher. Stellen sie sich eine Wiese mit Kühen vor. Die Kühe sind die Fadenalgen, das Gras der Wiese die gelösten Nährstoffe im Wasser. Wenn sie jeden Tag einige Kühe entfernen bleibt für den Rest der Kühe immer genügend Futter auf der Wiese.

Lassen sie die Kühe wachsen und sich vermehren. Der Tag wird kommen und es ist nicht mehr genügend Futter vorhanden und alle Kühe müssen streben weil sie verhungern.

Ein weiterer Lichtblick am Himmel ist ein Mittel gegen Fadenalgen, daß auf eine natürliche Art und Weise die Fadenalgen in Schach hält und sich dazu aber noch sehr positiv auf die Wassserqualität und auf die Fische auswirkt. Dieses Mittel wird zur Zeit in mehreren Anlagen getestet. Wenn die Ergebnisse in allen Teichen reproduzierbar sind werde ich das Geheimnis lüften. Eines kann ich allerdings jetzt schon sagen, es ist kein Gift und kein Medikament. Wir können es Löffelweise zu uns nehmen. Die Ergebnisse bis jetzt sind sehr, sehr gut.

Ein weitere Gedanke zum Thema farbverstärkendes Futter fällt mir gerade ein. PH – Wert und Farbverlust der Koi`s. Sind die Fische länger Zeit einem höheren PH – Wert ausgesetzt, verlieren sie an Farbe. Die verbleibende Farbe wirkt weich und schwach. So nimmt die Farbe Rot bei PH – Werten über 7,4 stetig ab, je schneller und je höher der PH – Wert steigt. Die Farbe schwarz nimmt bei PH – Werten unter 7 und tiefer stetig ab, verbessert sich aber bei Werten bis 7,6. Darüber hinaus verschlechtert sie sich. Ein idealer Wert für alle Farben ist 7,2. So macht der Einsatz von Farbfutter auch nur Sinn, wenn der PH – Wert stimmt( sonst ist es für die Katz). Bei PH – Werten über 7,8 zeigt ein farbverstärkendes Futter kaum noch Wirkung, auch wenn es über längere Zeit verabreicht wird ( 4 Wochen). Ganz anders verhält sich der Fisch, wenn die PH – Wert Erhöhung durch Schwebealgen hervorgerufen wird. ( also grünes Wasser) Weil die Schwebealgen selbst eine farbverstärkende Wirkung haben, die so groß ist, daß der Farbverlust durch die PH – Wert Erhöhung mehr als kompensiert wird.

Japanische Züchter halten ihre Koi`s in Naturteichen mit einem milchig, bräunlich grünem Wasser. Hervorgerufen durch Schwebealgen und Bodengrund. Diese Sedimente lassen sich hier bei uns überall kaufen für ca. 70 DM / 2 kg. ( Man kann diese aber auch bei einer Töpfergruppe für ca. 15 DM / 10 kg bekommen.) Japaner düngen ihre Teiche mit Pflanzendünger, damit die Algenblüte so lange wie möglich erhalten bleibt. So ist das Wasser oft bis Oktober – November grün. Das Zusammenspiel von Sediment und Schwebealgen scheint sich geradezu in einer idealen Art und Weise auf die Beschaffenheit der Haut und die Farbe der Tiere auszuwirken. So entwickeln die Koi`s in so einem Wasser eine farbliche Leuchtkraft und eine brillianz, daß man glaubt sie trügen einen Heiligenschein.

Aber was ist das Geheimnis? Vielleicht ist es der durch die Schwebealgen produzierte enorm hohe Sauerstoffanteil im Wasser, der die Oberfläche der Schleimhaut langsam auflöst und abträgt, so das der Fisch ständig neue Schleimhaut produziert. Dies passiert in einem Tempo, bei welchem die auf der Schleimhaut befindliche Parasiten abgestoßen werden. Oder sind es bestimmte Aminosäuren in den Schwebealgen die der Fisch aufnimmt und sich dann auf die Farbintensität auswirkt?

Oder sind die Farbklekse unserer Koi`s Erkennungsmerkmale der Fische untereinander, die in einem milchig- trüben Wasser einfach verstärkt werden müssen? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Eines jedoch ist sicher, mein Urlaub ist bald zu Ende, aber Erholen werde ich mich erst zu Hause in meinem Garten, an meinem Teich und mit meinen Koi`s.

 

PS: Die hier niedergeschriebenen Gedanken resultieren nicht aus wissenschaftlichen Untersuchungen sondern basieren auf Erkenntnissen aus Anwendung und Versuch.